Sandros letztes Geleit

„DER SPIEGEL“ Nr.39/2024 vom 21. September 2024: Tierbestattungskirche

Von Birte Bredow – © 22.09.2024

DER SPIEGEL - Letztes Geleit für Sandro - HAUSTIERE - Urnen, Trauerfeiern, ein Gedächtnisbaum:  In Albstadt gibt es die erste Tierbestattungskirche Deutschlands. Mit Trauerrednerin und Gästen nehmen Menschen Abschied von ihren Hunden, Katzen oder Pferden.

DER SPIEGEL – Letztes Geleit für Sandro – HAUSTIERE – Urnen, Trauerfeiern, ein Gedächtnisbaum: In Albstadt gibt es die erste Tierbestattungskirche Deutschlands. Mit Trauerrednerin und Gästen nehmen Menschen Abschied von ihren Hunden, Katzen oder Pferden.

Trauerrituale für tote Haustiere

Urnen, Trauerfeiern, ein Gedächtnisbaum: In Albstadt gibt es die erste Tierbestattungskirche Deutschlands. Menschen nehmen Abschied von ihren Hunden und Katzen, sogar Pferden. Vom Erzbischof kam Kritik.
Trauerrituale für tote Haustiere - Sandros letztes Geleit - Urnen, Trauerfeiern, ein Gedächtnisbaum: In Albstadt gibt es die erste Tierbestattungskirche Deutschlands. Menschen nehmen Abschied von ihren Hunden und Katzen, sogar Pferden. Vom Erzbischof kam Kritik.

Trauerrituale für tote Haustiere – Sandros letztes Geleit – Urnen, Trauerfeiern, ein Gedächtnisbaum: In Albstadt gibt es die erste Tierbestattungskirche Deutschlands. Menschen nehmen Abschied von ihren Hunden und Katzen, sogar Pferden. Vom Erzbischof kam Kritik.

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Seit 2020 haben Düsterwald und Weinmann mehr als 2000 Tiere bestattet. Vor allem Katzen und Hunde, aber auch Pferde, Hamster, Vögel und Echsen. Sogar eine kleine Känguruart, ein Wallaby, sei dabei gewesen. Irgendwann entschieden die beiden: Wir brauchen mehr Platz. Sie planten, ein Nebengebäude auf ihrem privaten Grundstück umzubauen. Doch dann hörten sie, dass die nicht mehr genutzte evangelisch-methodistische Kirche im Ort zum Verkauf stand. Seine Partnerin habe sofort gesagt: »Die muss ich haben«, berichtet Düsterwald. - Abschiedszeremonien mit Reden, Gesang und Trauergemeinde sind in der Tierbestattungskirche möglich, aber nicht der Regelfall. - Wo früher das Kreuz hing, prangt nun ein stilisierter Baum, dem ein Pferdekopf aus dem Stamm wächst. Die Kirchenbänke und der Teppich wurden herausgerissen, stattdessen gibt es einen massiven Tisch, aus einem halben Baumstamm gefertigt, an dem eine Couch und mehrere Sessel stehen. In den Regalen dahinter werden Urnen präsentiert, von ganz einfachen Modellen bis hin zu Varianten mit Swarovski-Kristallen ist alles dabei. Unübersehbar ist eine Art Gedächtnisbaum, deckenhoch, behängt mit zahlreichen Ketten aus Holzherzen – auf jedem steht der Name eines Tiers, um das jemand trauert. Die »Tierbestattungskirche« machte bei ihrer Eröffnung im Dezember 2023 weltweit Schlagzeilen. Neben Interesse und Zuspruch gab es auch Kritik. »Wir sollten Tiere nicht vermenschlichen. Ein eigener katholischer Trauerritus für Haustiere ist für mich undenkbar«, sagte der Freiburger Erzbischof Stephan Burger. Für solche Äußerungen hat Düsterwald wenig Verständnis. Die Kirche sei entwidmet, es gehe darum, ein schönes, würdevolles Gebäude zu haben – mit Religion habe das nichts zu tun. Außerdem habe es viel Zuspruch von den ehemaligen Gemeindemitgliedern gegeben. Religiöse Trauerfeiern wurden laut Düsterwald noch nicht veranstaltet – ausschließen will er es für die Zukunft aber nicht. Sollten Kunden sich das wünschen und beispielsweise ein Pastor sich bereit erklären, würde er dem nicht im Wege stehen. Abschiedszeremonien mit Reden, Gesang und Trauergemeinde sind in der Tierbestattungskirche möglich, aber nicht der Regelfall. Eine Trauerrednerin sei zwar jede Woche im Einsatz, erzählt Düsterwald, die meisten Kunden würden aber auf große Feiern verzichten und sich nur im kleinen Kreis von ihrem Haustier verabschieden. - »Die Trauer um ein Tier ist grundsätzlich dieselbe wie um einen Menschen.« Nienke Endenburg, Psychologin - So handhabten es auch Jasmin und Kevin Chornet Martinez, Inhaber mehrerer Tankstellen. Anfang des Jahres starb ihr Hund Sandro. Zehn Jahre teilten sie ihr Leben mit dem Mischling. Die beiden engagieren sich im Tierschutz, eigentlich planten sie damals gar nicht, selbst einen Hund aufzunehmen. Sandro kam aus Rumänien und sollte wegen der besseren Vermittlungschancen in ein deutsches Tierheim kommen. Doch als sie den Hund abholten, sei schnell klar gewesen: Sandro gehörte zu ihnen. »Wir sind mit ihm erwachsen geworden«, sagt Kevin Chornet Martinez. Ausbildung, erste eigene Wohnung, Hochzeit, Selbstständigkeit: Alles erlebte der Rüde mit. Jasmin Chornet Martinez steigen immer wieder die Tränen in die Augen, doch manchmal muss sie auch lachen, wenn sie sich an Sandro erinnert. Zum Beispiel, als sie davon erzählt, wie er einst entwischte und dann bei ihren Eltern vor der Tür stand. Während die Menschen noch erleichtert gewesen seien, sei der Hund in die Küche gelaufen und habe die Weihnachtsgans geklaut. An einem Freitag im Januar dieses Jahres seien sie von der Arbeit zurückgekommen. »Ich habe die Tür nicht aufbekommen, dann habe ich noch mal ein bisschen gedrückt, und dann sah ich schon seinen Kopf«, schildert Jasmin Chornet Martinez den Moment, als sie ihren toten Hund fand. Das Paar bettete Sandro auf ein mit der spanischen Flagge bedrucktes Handtuch und legte einen Rosenkranz dazu. Die Eltern von Kevin Chornet Martinez stammen aus Spanien. Bei ihrem im vergangenen Sommer gestorbenen Kater Emiliano hätten sie es genauso gemacht. Dann riefen sie den Tierbestatter. »Einerseits möchte man, dass der Hund abgeholt wird, weil es schmerzhaft ist, ihn so zu sehen«, sagt Jasmin Chornet Martinez, »andererseits weiß man: Es ist der letzte Moment, man möchte nicht, dass er vorbeigeht«. Einige Tage später betraten die beiden dann die Kirche, um die Asche abzuholen. »Überall hingen Lichterketten, es lief leise Musik und die Urne stand vorn auf dem Altar, daneben eine Blume«, erzählt Sandros Besitzerin. Als gläubiger Katholik sei es für ihn etwas Besonderes gewesen, sich in einem Kirchengebäude von dem Hund verabschieden zu können, sagt Kevin Chornet Martinez. Für seine Frau hingegen zählen die Atmosphäre und der persönliche Umgang der Bestatter mehr: »Nach außen ist es etwas Besonderes, dass es so ein heiliger Ort ist. Für mich persönlich hätte es aber auch ein anderer schöner Raum sein können, in dem der Baum mit den Herzen steht.« Mehr als eine Stunde seien sie geblieben und hätten in Erinnerungen an Sandro geschwelgt. Sind solche Rituale eine unangemessene Vermenschlichung des Tiers? Fest steht: Für viele Menschen haben ihre Haustiere heute den Stellenwert eines Familienmitglieds. Eine Erfahrung, die auch Tierbestatter Düsterwald macht. Er erzählt von Kunden, die ihre Kreuzfahrt abbrachen, weil ihr Hund in der Heimat starb. Von Senioren, die sich wünschen, mit ihrer Katze begraben zu werden. Von den Besitzern eines Blindenhunds, die mühsam mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die schlecht angebundene kleine Stadt reisten, um Abschied von ihrem Gefährten zu nehmen. »Die Trauer um ein Tier ist grundsätzlich dieselbe wie um einen Menschen«, sagt Nienke Endenburg. Sie ist Psychologin und forscht zu Mensch-Tier-Beziehungen. In ihrer Praxis behandelt sie auch Menschen, die mit dem Verlust ihres vierbeinigen Mitbewohners nicht fertigwerden. Im Schnitt dauere die Trauer um einen Hund oder eine Katze fast ein Dreivierteljahr, sagt Endenburg. Zwei Aspekte seien dabei entscheidend für die Dauer der Trauerphase: Wie eng war die Beziehung zum Tier? Und: Wie starb es? Ein friedlicher Tod sei leichter zu verkraften als ein Unfall oder eine Einschläferung, bei der das Tier zuckte oder schrie. Eine weitere Schwierigkeit für Haustierbesitzer: In unserer Gesellschaft sei gelernt, wie man mit dem Tod eines Menschen umgehe, sagt Endenburg. »Rituale helfen Menschen, mit Trauer umzugehen. Bei Haustieren gibt es die nicht.« Es könne hilfreich sein, sich mit einer kleinen Feier zu verabschieden oder ein Fotoalbum für das Tier anzulegen. Und: Es sei sinnvoll, Menschen zu finden, die Verständnis hätten und zuhörten. Nicht immer müssten das die engsten Freunde seien. Manchmal habe eine Bekannte, die auch schon mal ein Tier verloren hat, mehr Verständnis. Auch Jasmin und Kevin Chornet Martinez haben diese Erfahrung gemacht. »Niemand hat sich über uns lustig gemacht, aber manche Leute haben nicht nachvollziehen können, warum für mich eine Welt zusammenbricht und ich wochenlang weine«, sagt die 29-Jährige. Gespräche und Ablenkung durch ihre Arbeit hätten ihr geholfen. Und ihre anderen Tiere. Das Paar besitzt noch eine alte Hündin und zwei Katzen. Immer wieder hörten trauernde Tierbesitzer den Tipp: »Hol dir doch eine neue Katze, einen neuen Hund«, berichtet Psychologin Endenburg. »Aber man kann ein Tier nicht durch ein anderes ersetzen.« Sie kenne Fälle, in denen der neu angeschaffte Hund im Tierheim gelandet sei, weil er einen anderen Charakter hatte als der vorherige. Für Jasmin Chornet Martinez sprach zumindest in der ersten schweren Zeit ein weiteres Argument dagegen. Sie habe damals gedacht: »Ich weiß nicht, ob ich noch mal ein Tier aufnehme, es ist einfach zu schmerzhaft, es zu verlieren.« Inzwischen sieht sie das schon wieder anders: »Die schönen Momente überwiegen einfach.« Von Birte Bredow 20.09.2024, 13.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 39/2024

Von Birte Bredow • aus DER SPIEGEL 39/2024


INFOS: Pauluskirche der Schönhalde Tierbestattung Albstadt, Tel. 07432/982414, www.schoenhalde.de


Quelle: DER SPIEGEL Ausgabe 39 | 21.09.2024

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25. September 2024

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